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2018-11-20

Cat

Der Himmel klarte auf und der fast schon volle Mond schien hell auf die Veranda. Cat zog die Decke etwas höher und schlürfte ihren Tee.

Letzten Monat noch war Louie munter auf ihren Schoß gesprungen und hatte es sich schnurrend mit seinem Milchtritt gemütlich gemacht. Cat fingerte an den Fäden, die ihr schwarzer Kater dabei aus der Decke gezogen hatte. „Ach, Cariño“, seufzte sie bei dem Gedanken an Louies zermalmten Körper, den sie vor einer Woche am Straßenrand gefunden hatte. Die Büsche, unter denen sie ihn begraben hatte leuchteten heute silbrig im Mondschein. Eine Träne lief ihr über die Wange, als sie sich aufrichtete, um ins Haus zu gehen. Die Milchschale klapperte unter ihrem Fuß und ergoss ihren Inhalt über die Dielen der Veranda. Das muss ich mir langsam echt abgewöhnen, dachte sie. Sie gab der Klappe einen Stoß mit dem Fuß, welche daraufhin quietschend hin und her schwang. Die musste auch endlich mal repariert werden.

Am nächsten Morgen stöhnte sie beim Blick auf die Uhr. Gott sei Dank war Samstag. Früher hatte Louie sie geweckt. Mit seiner rauen Zunge hatte er sie morgens an den Fußsohlen gekitzelt. Es war fast wie ein Spiel. Sie stieß ihn weg, aber er kam wieder, bis sie schließlich nachgab und aufstand.

Das war damals. Jetzt ging sie schlaftrunken in die Küche, öffnete ein Fenster, stellte eine frische Schale Milch auf die Veranda und begann sich Tee zu machen. Gedankenverloren starrte sie in den Garten, während sie Wasser in den Teekessel goss. Sonnenstrahlen tanzten auf den Blättern der Büsche, Bienen summten, etwas raschelte im hohen Gras. Die Blumen hatten ihre Blüten schon geöffnet und ein Schatten huschte über den Zaun.

Mit ihrem Frühstück auf einem Tablett ging sie nach draußen. Sie trat in die Milchschale, die dadurch umkippte. Zum Glück war sie leer. Die habe ich gestern wohl vergessen. Cat schob sie mit dem Fuß beiseite, damit sie beim nächsten Gang in die Küche mitnehmen konnte.

Sie sog die süße Frühlingsluft ein, lächelte sogar etwas und bereitete sich den Tisch auf der Veranda. Wenn sie nur mal jemanden kennenlernen würde, der mit ihr morgens hier saß.

Wieder krampfte sich ihr Herz zusammen, bei dem Gedanken an Louie. Sie konnte sein Schnurren förmlich hören. Ruhig und gleichmäßig, als ob er direkt hinter ihr sitzen würde. Erst vorgestern, war sie der Meinung seine gelben Augen im hohen Gras blitzen gesehen zu haben.

Die Mittagssonne schien warm auf ihr Gesicht. Sie wollte die Augen noch nicht öffnen. Sie hörte dem Garten zu mit seinem Surren und Zwitschern. Die Momente des Aufwachens nach dem Mittagsschlaf waren höchster Genuss, wenn da heute nicht dieses Gefühl wäre. Ein seltsames Gefühl, wie zwei brennende Stellen, die auf ihrem Körper auf und ab wanderten. Als ob sie beobachtet wurde. Oder eher gemustert?

Sie schlug die Lider auf und blinzelte.

„Oh, Cariño, wer bist du denn?“ Der schwarze Kater, der auf dem Geländer der Veranda saß und sie anfunkelte, antwortete nicht. Er löste seinen Blick und sprang in den Garten, wo er zwischen den Büschen verschwand.

Eine Dose Geflügelleber hatte sie noch. Mit einem leisen Schmatzen ließ sie es aus der Dose in eine Schale fallen und zermanschte das Formfleisch zu Brei. Dann stellte sie das Abendessen für den vierpfotigen Besucher auf die Veranda. Einmal noch blickte sie in den dunklen Garten, dann ging sie zu Bett.

Trotz des hellen Mondlichts, dass in ihr Zimmer fiel, schlief sie schnell ein. Das Rauschen des seichten Windes hatte eine betäubende Wirkung. Selbst das seltsam vertraute Quietschen störte sie nicht.

„Iih, Cariño, hör auf damit!“

Etwas Feuchtes kitzelte sie am Fuß und scheuchte sie aus ihrem Traum. Sie schmiss sich auf die andere Seite, brummte und hielt sich an den letzten Zipfeln des Schlafes fest.

Wieder spürte sie die glatte Zunge an ihrem Fuß. Langsam glitt sie von der Hacke über ihren Spann und spielte mit ihren Zehen.

„Louie, lass das! Es ist noch früh!“ Sie presste die Lider zusammen.

Die Zunge umspielte ihren Knöchel, hielt kurz inne und wanderte dann ihre Ferse entlang.

„Louie? Cariño?“ Cat öffnete die Augen und setzte sich erschrocken auf. Der Vollmond tauchte das Zimmer in einem silbrigen Schein und warf verzogene Schatten. Die Haut des Mannes, der an ihrem Fußende kauerte, schimmerte. Seine schwarzen Haare reflektierten das Mondlicht.

Cat öffnete den Mund, aber blieb stumm. Sie zog die Decke vor die Brust, was ihre Beine entblößte. Seine gelben Augen bohrten sich in ihre Seele und in ihrem Herzen breitete sich eine warme Vertrautheit aus.

Er ließ seine Zunge über ihre Waden gleiten, dann umfasste er ihre Knöchel und zog sie wieder in eine liegende Position. Cat erschauderte leicht, als er ihren Schenkel küsste. Die Härchen auf ihrem Bauch stellten sich auf und ein kleiner Seufzer entfloh ihrer Kehle. Sie krallte sich in das Laken, als er seine Zunge weiter schickte. Sein Kuss war innig und leidenschaftlich. Sie ließ ihre Finger durch sein Haar gleiten und bohrte ihre Nägel in seinen Rücken. Er schnurrte ihr ins Ohr. Ihr Spiel versiegte, als der Mond unterging und Cat schlief erschöpft ein.

Ein Sonnenstrahl fiel durch das Fenster und weckte Cat. Draußen zwitscherten die Vögel und besangen einen neuen sonnigen Tag. Das gleichmäßige Schnurren am Fußende verbreitete eine warme Gemütlichkeit.

Cat zögerte kurz, als sie das zusammengerollte Tier in ihrem Bett sah. Dann tätschelte sie sanft seinen Kopf. „Guten Morgen, Cariño. Wie werden wir dich denn nennen?“


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