Posted in Deutsch, Stories
2020-09-20

Cowboy und Indianer

Der Sommer flimmerte über der Prärie. Die Sonne schien auf Stummer-Bruders Haut und ließ sie glänzen. Er tunkte die Finger in die rote Farbe und zog die typischen Streifen unter seine Augen. Zwei links. Einen rechts. Die Kriegsbemalung war perfekt. Sein Gesicht hatte diesen weisen, emotionslosen Ausdruck, den nur ein echter Indianerkrieger haben konnte. Mit wissender Überlegenheit sah er auf sein Opfer hinab.

Nina wimmerte. Sie zerrte an ihren Fesseln. Tränen schossen ihr in die Augen. Die Scheuermale an ihren Handgelenken brannten.

„Lass’ mich gehen, ich mag nicht mehr.“

Stummer-Bruder blieb seinem Namen treu und sagte nichts. Stattdessen verfiel er in einen Coyoten-Gesang. Sein Kampfschrei kreischte über die Ebene und der Kriegstanz um den Totem begann.

„Ich will zu meiner Mama!“ Nina schniefte.

„Das ist meine Squaw.“ Der mächtige Federschmuck von Blasses-Wasser warf einen Schatten auf Ninas angstverzerrtes Gesicht. Eine dicke Träne kullerte ihr über die Wange. Stummer-Bruder blieb stumm. Er ignorierte seinen Häuptling und tanzte wild weiter.

„Das ist meine Squaw!“, donnerte Blasses-Wasser seinen Stammesbruder entgegen.

„Ich gehöre niemandem, lasst mich geh’n.“ Nina weinte jetzt hemmungslos.

„Keine Widerrede, Squaw. Du bist mein.“

„Ist sie nicht. Mach’ sie los.“ Betont o-beinig schritt Craig auf den Totem zu. Der Stern an seiner Brust verlangte funkelnd nach Respekt. Sein verfilztes Haar lugten in dicken Zotteln unter dem Hut hervor. Schnaubend drehte sich der Häuptling um.

„Ich wiederhole mich nur ungern.“ Craig legte die Hand auf den Kolben seines Revolvers, als müsse er ihn zurückhalten wie ein wildes Pferd.

„Verschwinde du hässliches Bleichgesicht.“

Der Sheriff zögerte nicht. Er war der Schnellste im ganzen Westen. Schneller als sein Schatten zog er und drückte ab. „Peng-Peng!“

„Ich hab’ gesagt geh’ weg. Hugh, der große Häuptling Blasses-Wasser hat gesprochen.“

„Du kannst nicht reden. Du bist tot. Fall gefälligst um. Ich hab dich erschossen.“

„Nein, hast du nicht.“

„Doch!“

„Nein, ich bin ausgewichen.“

„Stimmt ja gar nicht.“

„Stimmt ja wohl. Du hast es nur nicht gesehen, weil ich so schnell bin. Schneller als das Licht.“

„Na und! Ich hab’ mit Wärme-Such-Kugeln geschossen. Die treffen immer.“

„Die sind aber nicht schneller als das Licht. Außerdem bin ich unbesiegbar.“

„Manno, du bist doof. Und ein Spielverderber. Ein doofer Spielverderber.“

Einer solchen Beleidigung hatte Blasses-Wasser nur Gewalt entgegenzusetzen. Wut kochte in ihm und übernahm die Kontrolle. Ein Schalter wurde in ihm umgelegt. Mit zwei langen Schritten kam er auf Craig zu gestürmt. Wie eine kleine Lok unter Volldampf rammte er den Sheriff und schubste ihn. Der Cowboyhut flog durch die Luft. Craig fiel auf den Hintern und überschlug sich. Heulend vor Schreck und Ärger blieb er im Gras liegen.

Stampfend drehte sich der Häuptling herum, um Stummer-Bruder seine Auffassung mit der gleichen Vehemenz deutlich zu machen. Doch der ließ sich nicht so leicht einschüchtern. Immerhin war er ein gefürchteter Krieger und einen Kopf größer. Einen Moment standen sich die beiden Indianer gegenüber und starrten sich an. Blasses-Wasser machte einen Schritt. Stummer-Bruder hob seinen selbstgeschnitzten Tomahawk über den Kopf. Ein weiterer Schritt. Das Kriegsbeil schoss durch die Luft. Es traf den Häuptling zwischen die Augen und stoppte ihn mitten im dritten Schritt. Die Haut platzte auf und der eben noch so stolze Häuptling ging jaulend zu Boden. Blut lief auf sein Lieblingsshirt und ruinierte es.

Nina weinte, immer noch am Totem gefesselt. Craig saß heulend im Gras. Blasses-Wasser jaulte und hielt sich die Stirn. Stummer-Bruder blieb seinem Namen gerecht und sagte nichts. Stattdessen drehte er sich zur Flucht um und rannte Frau Admony direkt in die Arme. Alarmiert von den drei kleinen Sirenen war sie herbei geeilt.

„Was soll denn das!?“ Sie packte Stummer-Bruder am Arm. „Schon wieder ihr drei. Mit euch hat man immer Ärger. Mach’ sofort die arme Nina los und dann ab zum Direktor mit dir“, kommandierte sie den Mini-Indianer herum, während sie sich um den verletzten Häuptling kümmerte.

„Und du auch.“, befahl sie dem schluchzenden Sheriff.

2 comments

  • David Schmid

    Hallo und Danke für den informativen Post! Sehr schön Blog.

    Reply to David Schmid
  • Felix Meyer

    An excellent read that will keep readers – particularly me – coming back for more! Also, I’d genuinely appreciate if you check my website Webemail24 about Hospitality Industry. Thank you and best of luck!

    Reply to Felix Meyer

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